Den Mendelschen Regeln folgende oder seltene Erbkrankheiten betreffen etwa 8'000 verschiedene Krankheitsbilder.

Obwohl sie selten sind, betreffen sie Millionen von Menschen und ihre Familien (Orphanet J Rare Dis 2019; 14:153).

Ein grosser Teil dieser Krankheiten hat einen molekularen Ursprung, der mithilfe genomischer Technologien diagnostiziert werden kann und somit eine bessere Patientenbetreuung ermöglicht.

Gegenwärtig kennen wir die molekularen Grundlagen, die für 6'685 Merkmale (Krankheit oder erbliche Veranlagung) verantwortlich sind, und 4'289 mit einer Krankheit zusammenhängende, mutierte Gene (Statistik vom 1. Juli 2020; https://omim.org/statistics/geneMap)

Technologien, durch welche die molekulare Ursache beschrieben werden kann, sind der Karyotyp (sehr selten im Falle eines spezifischen Verdachts), die vergleichende genomische Hybridisierung (CGH-Array), die klinische Exomanalyse sowie in jüngerer Zeit die Sequenzierung des gesamten Genoms (Nature 583, 96-102 (2020).

In der Praxis ermöglicht eine gründliche Beurteilung des Krankheitsbildes durch einen Facharzt für genetische Medizin zusammen mit dem Stammbaum der betroffenen Familie über drei oder vier Generationen, eine Hypothese über den wahrscheinlichen Kausalzusammenhang zwischen der Krankheit und dem/den betroffenen Kandidatengen(en) zu formulieren. Anschliessend wird beim Vertrauensarzt der Krankenkasse eine Kostengutsprache beantragt (der Antrag muss von einem Facharzt FMH für Medizinische Genetik gestellt werden, sobald zehn oder mehr Gene zu analysieren sind).

Die Verschreibung erfolgt auf Grundlage des Befunds und der Hypothese. Handelt es sich nur um ein Gen oder eine kleine Gruppe von Genen, wird eine gezielte Analyse durchgeführt. Ist die Anzahl höher, entscheidet man sich für ein Genpanel. Wenn keine spezifische Hypothese möglich ist, wird eine maximale Anzahl von krankheitsverursachenden Genen analysiert (z.B. 5’430 Kandidatengene, CDG [Closest Disease-Causing Genes] genannt, die mit Krankheiten assoziiert werden, Front Immunol 2018; 9:1340).

In naher Zukunft wird es auch möglich sein, das gesamte Genom routinemässig zu analysieren, falls das klinische Exom keine schlüssigen Ergebnisse liefert. Eine sehr aktuelle Studie (Nature 583, 96-102 (2020) liefert für 13’037 Teilnehmer, von denen 9’802 an einer seltenen Krankheit litten, den Grundsatznachweis. Von 7’065 Patienten mit gut beschriebenen, seltenen Krankheiten erhielten 1’138 eine definitive genetische Diagnose.

Genesupport - Genetische Erbkrankheiten bei Kindern